Wie Autos zu Statussymbolen wurden und warum wir diese Einstellung überdenken sollten
20.02.2024
Obwohl das Bewusstsein für versteckte Kosten bei Privat-PKWs zunimmt, werden Autos immer noch als Statussymbole angesehen.
Die emotionale Komponente beeinflusst das Verhalten der Menschen und hält sie davon ab, Entscheidungen zu treffen, die gut für ihre Gesundheit, ihren Geldbeutel und die Umwelt sind. Um diese Sicht der Dinge zu verändern, müssen wir verstehen, wie das Auto zu einem Statussymbol wurde — und damit beginnen, diese Vorstellung zu hinterfragen.
Wie Autos zu Statussymbolen wurden
Das Auto hat sich im 20. Jahrhundert aus vielen Gründen über die Funktion eines reinen Transportmittels hinaus entwickelt.
Die 1900er Jahre waren eine Zeit des schnellen wirtschaftlichen, technologischen und kulturellen Wandels. Innerhalb der Lebensspanne eines Menschen gab es den ersten Motorflug (1903) und die Mondlandung (1969). Für viele wurde das Auto zu einem Symbol für Fortschritt und Modernität.
Auf die Weltkriege folgten, vor allem in den USA, Zeiten des Wirtschaftswachstums, die das Konsumverhalten und die Mentalität, mit anderen mithalten zu müssen, mit sich brachten. Als die Bevölkerungszahlen in den Städten explodierten, wurde das Leben der Menschen durch das Auto verbessert, weil es ihnen die Freiheit gab, sich unabhängig zu bewegen.
Hier kommen 4 konkrete Beispiele, die das Phänomen besser erklären.
Der Luxus der Oberschicht
Die ersten Autos hatten keine geniale Marketingkampagne nötig, um sie zu einem Zeichen von Reichtum und Privilegien zu machen.
Bis Henry Ford 1908 das massenproduzierte Model T auf den Markt brachte, kosteten handgefertigte Autos nach heutigem Wert über 30.000$.
Ford machte keinen Hehl daraus, dass sich sein Model T an die Mittelschicht richtete. Der Preis des ersten Ford Model T lag bei etwa 850$ und halbierte sich in den folgenden Jahrzehnten sogar.
Und obwohl sich Autos schnell verbreiteten, behielten sie ihren Status als Symbol für aufstrebende Mobilität und Prestige.
Der Verkauf eines Traums
Als Jahrzehnt nach dem Ersten Weltkrieg markierten die 1920er Jahre in vielen Teilen der Welt eine Zeit des wirtschaftlichen Wohlstands. Die Automobilindustrie war auf dem Vormarsch und viele Luxusmarken wurden gegründet, um den Menschen die Möglichkeit zu geben, ihren Reichtum und ihren Status durch ein Auto zu demonstrieren.
Autowerbung, die bisher vor allem für neue Technologien und preiswerte Autos genutzt wurde, verkaufte nun einen Traum — Eleganz, Status und den Lebensstil, der mit dem Besitz eines Autos verbunden ist. Autos wurden zu einem Teil der Kultur, und die Produktion von Luxusautos blieb in den USA und Europa bis zum Zweiten Weltkrieg hoch.
Hollywood-Glamour
Mitte des 20. Jahrhunderts spielte Hollywood eine wichtige Rolle bei der Verherrlichung des Autobesitzes und machte bestimmte Modelle zu Statussymbolen. In legendären Filmen waren stilvolle Autos und charismatische Schauspieler:innen zu sehen, die die Verbindung zwischen Autos, Ruhm und Status weiter festigten.
Eines der besten Beispiele ist der Krimiklassiker Bullitt von 1968 mit dem unvergesslichen Steve McQueen in der Hauptrolle. Der erfolgreiche Film trug dazu bei, Rollkragenpullover, Desert Boots und Muscle-Cars populär zu machen. Die berühmten Verfolgungsjagden machten den Ford Mustang GT Fastback von 1968 und den Dodge Charger von 1968 zu Ikonen und sorgten dafür, dass sich die Verkaufszahlen des Charger fast verdreifachten.
Autoknappheit in sozialistischen Ländern
Im Europa des 20. Jahrhunderts gab es in den sozialistischen Ländern oft ein Defizit an Waren und Dienstleistungen, einschließlich Autos. Der Kauf eines Autos bedeutete einen langwierigen bürokratischen Prozess, der 10 Jahre dauern konnte!
Der Besitz eines Autos war nicht nur ein Privileg für einige wenige, der Erhalt einer Kaufgenehmigung hing auch häufig von der Position, den Beziehungen und dem sozialen Status ab. Außerdem waren importierte Autos selten und meist hochrangigen Beamt:innen vorbehalten.
1985 kamen in der Sowjetunion 45 Autos auf 1000 Menschen. In den USA lag die Zahl bei 744,5. Die Sowjetunion brach 1991 zusammen, aber die Assoziation von Autobesitz mit sozialem Ansehen blieb bestehen.
Eine Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass Millenials im Allgemeinen weniger daran interessiert sind, ein Auto zu besitzen als ihre Eltern, während in einigen mittel- und osteuropäischen Ländern das Gegenteil der Fall ist.
In diesen Ländern stieg der Autobesitz nach dem Ende des Sozialismus sprunghaft an und das Auto wird immer noch als wichtiges Statussymbol angesehen.
Autos und ihre Nachteile
Während Autos früher als Symbol des Fortschritts galten, werden sie heute als eine wesentliche Ursache für ökologische und gesellschaftliche Probleme angesehen.
Autos verursachen Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen, die zum Klimawandel und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Staus erhöhen den Stress, den Kraftstoffverbrauch und die Lärmbelastung. Und ganz nebenbei verliert die Wirtschaft auch noch Geld.
Autogerechte Stadtplanung hat oft zur Folge, dass es weniger Grün gibt. Und sie hält die Menschen davon ab, aktive Verkehrsmittel zu wählen, was zu einer Zersiedelung der Landschaft führt.
Ein Auto zu besitzen ist in erster Linie kostspielig. Finanzberater:innen empfehlen, höchstens 15% des Nettoeinkommens für Verkehrsmittel auszugeben, einschließlich versteckter Kosten wie Kraftstoff, Versicherung und Parken.
Aber in vielen Regionen, einschließlich der USA und Europa, gehören Verkehrsmittel zu den Top 3 unter den Haushaltsausgaben. Das bedeutet, dass die Menschen 2 bis 3 Mal mehr für Autos ausgeben als für ihre Gesundheit oder Hobbys.
Autos sind auch eine der Hauptursachen für Todesfälle und Verletzungen. Weltweit sterben jedes Jahr 1,3 Millionen Menschen bei Verkehrsunfällen. Das sind 1.299.990 Millionen mehr Todesfälle, als durch Haie verursacht werden (maximal 10 pro Jahr).
Dennoch fürchten wir diese Meerestiere mehr als die stählernen Ungetüme, die unsere Straßen durchstreifen. Der Grund dafür sind die Vorurteile, die durch den Thriller “Der weiße Hai” (1975) entstanden sind.
Auto-Besessenheit überdenken
Obwohl Autos unser Leben unbestreitbar verändert haben, ist es an der Zeit, sich von schädlichen Ansichten zu verabschieden und die Fixierung auf das Auto als Statussymbol zu überdenken.
Die derzeitige Abhängigkeit vom Auto ist nicht nachhaltig, und weniger Autos auf den Straßen würden unserem Leben in vielerlei Hinsicht zugutekommen — von geringerer Umweltverschmutzung bis hin zu einem gesünderen Lebensstil.
Indem wir unseren Fokus auf nachhaltige Transportalternativen richten und die Bedeutung, die wir materiellen Besitztümern beimessen, neu bewerten, können wir unseren ökologischen Fußabdruck verringern und unsere Lebensqualität verbessern.
Lass uns also zusammen nach einer Zukunft streben, in der Erfolg durch unser kollektives Wohlbefinden definiert wird — und nicht durch die Marke eines Autos.