Lerne Teddy kennen – den Mann, der uns geholfen hat, über 11 Millionen Baumsamen in Kenia auszusäen

12.12.2022

Im April kündigten wir an, dass wir gemeinsam mit Seedballs Kenia 11 Millionenen Baumsamen in den abgeholzten Gebieten Kenias aussäen würden. Dank unserer Nutzer:innen, die am Earth Day-Wochenende Bolt Fahrten bestellten und für die Sache spendeten, kamen ein paar weitere Millionen hinzu.

Jetzt, sieben Monate, drei Heißluftballons und tausende staubige Hände später, sind mehr als 11 Millionen Seedbolts* ausgesät worden.

Um mehr über die Höhepunkte der vergangenen Monate zu erfahren und um herauszufinden, wie die Seedballs überhaupt entstanden sind, haben wir mit einem Mann gesprochen, der sein ganzes Leben der Wiederaufforstung des Landes gewidmet hat und der jungen Menschen die Bedeutung von Bäumen vermittelt – Teddy Kinyanjui, dem Mitbegründer von Seedballs Kenya. 

*Während ein Seedball ein Baumsamen ist, der mit recycelter Holzkohle bedeckt ist, ist ein Seedbolt ein Samenball, der gepflanzt wird, um die Emissionen aller Bolt Fahrten und Lieferungen im Jahr 2022 zu neutralisieren.

Hey Teddy! Es ist toll, dein lächelndes Gesicht wiederzusehen! Fangen wir von vorne an – Seedballs wachsen nicht in der Natur und unterscheiden sich von der herkömmlichen Methode, Bäume zu pflanzen. Wie bist du auf die Idee gekommen?

Seedballs sind eine einfache, aber geniale Erfindung, die durch Zufall entstanden ist. Ich war auf einem privaten Bauernhof und pflanzte Bäume auf die traditionelle Art – ich grub ein Loch und setzte die kleinen Setzlinge hinein. 

Als ich mir die einheimischen Bäume ansah, die dort von Natur aus wachsen, musste ich komischerweise an die Menschen vor Jahrhunderten denken, die definitiv keine Löcher gegraben haben, um Bäume zu pflanzen. Das brachte mich dazu, darüber nachzudenken, wie wir die Natur nachahmen können, um direkt zu säen. Also ging ich los und kaufte ein paar Samen, um sie per Hand zu verteilen.

Aber ohne Rückschläge keine Innovation – der Regen blieb aus, und viele der Samen wurden von Vögeln, Eichhörnchen, Mäusen und anderen kleinen Tieren gefressen.

So kam ich mit Elsen ins Gespräch, einem Erfinder, den ich kenne, seit ich 15 bin. Sein kreativer Geist war genau das, was wir brauchten, um eine Lösung zu finden – die Beschichtung der Samen mit recyceltem Holzkohlestaub, der verhindert, dass sie von Tieren gefressen werden, aber mit dem Regen schmilzt.

Wir fingen an, sie von Hand herzustellen, aber wir merkten schnell, dass wir in diesem Tempo nur ein halbes Kilo pro Tag produzieren konnten. Also erfanden wir eine Maschine, um sie in großen Mengen produzieren zu können, und schon waren wir mitten im Prozess der Aufforstung.

Später entwickelten wir auf vielfachen Wunsch von Landbesitzer:innen Bälle aus Grassamen. Gras- und Trockengebiete machen 60% der Fläche Kenias aus, und es stellte sich heraus, dass das Anpflanzen von Gras in vielen Gebieten eine noch größere Herausforderung darstellte.

Was waren deine persönlichen Highlights in den letzten sieben Monaten, in denen du über 11 Millionen Seedbolts ausgesät hast?

Zu sehen, wie deine Idee zum Leben erwacht, ist immer ein Highlight. Aber zu sehen, wie junge Menschen hinter der Idee der Wiederaufforstung stehen, Teil des Prozesses sind und an die Kraft glauben, Leben zu verändern – das war der beste Teil dieser Reise. Etwa 60 Schüler:innen kamen eines Tages vorbei und freuten sich darauf, in der Sonne zu laufen, Seedbolts zu werfen und der Umwelt zu helfen.

Das zeigt einmal mehr, dass die landläufige Meinung, junge Menschen würden sich nur mit Social Media oder Videospielen beschäftigen, falsch ist. Die junge Generation scheint darauf erpicht zu sein, etwas für die Umwelt zu tun und dabei zu helfen, die Zerstörung rückgängig zu machen.

Es ist auch erwähnenswert, dass wir durch die vielen Bestellungen am Earth Day-Wochenende zusätzliche Seedbolts hatten.

Aber es sind nicht nur die Zahlen, die mich begeistern, sondern auch die Geschichten. So viele nette Menschen haben sich bei mir gemeldet und mich darauf hingewiesen, dass sie mich in dem Bolt Video gesehen haben.

Stell dir das mal vor – sie haben das Video gesehen, sich unter all den Tausenden von anderen Dingen daran erinnert, meine Kontaktdaten herausgesucht und sich dann gemeldet, um zu sehen, wie sie helfen können. Das ist für mich sehr beeindruckend.

Lasst uns jetzt ein wenig über die Logistik sprechen. Ich meine, mehr als 11 Millionen Seedbolts sind eine MENGE. Wie habt ihr die Aussaat organisiert?

Bei diesem Projekt zeigte sich, wie viel Wahrheit in der Redensart “Gemeinsam ist man stark” steckt, denn nur mit der Hilfe von Tausenden von Menschen aus dem ganzen Land war es möglich, mehr als 11 Millionen Seedbolts zu verteilen. Dutzende von NGOs und viele engagierte Einzelpersonen haben sich an dem Projekt beteiligt.

Allan, ein Fahrer, transportierte zum Beispiel sieben Monate lang fast jeden Tag 50 Kilo Seedbolts. Und obwohl eine kleine Ladung auf einem Motorrad nicht viel zu sein scheint, hat Allans konsequenter Einsatz über einen längeren Zeitraum zusammen mit den Bemühungen so vieler anderer eine große Wirkung erzielt.

Auch Wildtierschützer haben das Projekt gerne unterstützt. Es ist wichtig, dass die Ökosysteme überleben können — vor allem angesichts des Klimawandels, der Dürren und Überschwemmungen verursacht.

Wir haben gehört, dass einige Seedbolts mit Heißluftballons verteilt wurden — das klingt ziemlich ungewöhnlich. Erzähl doch bitte ein bisschen mehr darüber, woher diese Idee kam.

Es ist immer spannend, über den Tellerrand hinauszuschauen, vor allem wenn es darum geht, wirkungsvollere Wege für die Verteilung von Saatgut zu finden. Das hat uns zum Nachdenken gebracht: Wie wäre es mit Heißluftballons? Die Führer:innen, die für touristische Rundflüge über den Mara-Fluss fliegen, wissen viel über die lokale Flora – sie wissen vor allem, welche Baumarten immer weniger werden. Das macht sie zu den perfekten Samenverteiler:innen! Lokales Wissen ist entscheidend für eine effektive Aussaat.

Du hast mit so vielen NGOs zusammengearbeitet. Wer sind diese NGOs, und wie wählst du diejenigen aus, mit denen du dann zusammenarbeitest?

Die Zusammenarbeit mit NGOs beruht auf Gegenseitigkeit. Manchmal wenden sie sich an uns, manchmal kommen wir auf sie zu. Aber letztendlich geht es darum, diejenigen zu finden, deren Ziele mit unseren übereinstimmen. Während wir hier miteinander sprechen, warten mehrere NGOs, die daran interessiert sind, mehr Seedballs von uns zu erhalten, darauf, dass ich mich zurückmelde.

Wir arbeiten vorrangig mit nicht-traditionellen NGOs zusammen, die offen dafür sind, neue, innovative Methoden auszuprobieren. Das kann alles sein, von der Pflanzung von Bäumen auf neue Art und Weise bis hin zur Verwendung von Seedballs zur Aufforstung. Wir haben das Glück, mit großartigen Organisationen wie der Miti Alliance, Big Life Foundation und Kibwezi Well Wishers zusammenzuarbeiten. 

Eine unserer Partnerinnen, Dr. Sonnia Nzilani Musyoka, wurde kürzlich von der Regierung zur Umwelt- und Klimaministerin für den gesamten Bezirk Makueni ernannt! Es ist ein großer Schritt in die richtige Richtung, solche vorausschauenden Führungspersönlichkeiten in einflussreichen Positionen zu haben. 

Dr. Sonnia rief uns kürzlich an, um uns für unsere Arbeit mit Seedballs Kenya und Bolt im letzten Jahr zu danken. Sie ist der Meinung, dass unsere Bemühungen Seedbolts bekannt gemacht und dazu beigetragen haben, das Bewusstsein für dieses wichtige Thema zu schärfen. 

Wie du gesagt hast, braucht es eine gewisse Bildung, um zu verstehen, wie wichtig es ist, Bäume zu pflanzen und Grasland zu erneuern. Glaubst du, dass die Menschen mit der Zeit ein besseres Verständnis dafür entwickelt haben?

Auf jeden Fall! Außerdem sind die Menschen, die sich mehr für diese Dinge engagieren und sich darüber informieren, meist junge Menschen aus den Städten. 

Ich glaube, das hat mit der Welt nach Covid zu tun, in der wir leben. Da wir lange Zeit drinnen bleiben mussten, haben viele junge Menschen nach der Pandemie damit begonnen, zu wandern und die Natur mehr zu genießen. Sie lernen verschiedene Baumarten kennen und erfahren etwas über ihre Bedeutung und ihre Verbindung zum täglichen Leben. Das ist der erste Schritt in Richtung Naturschutz, denn man kann nicht schützen, was man nicht kennt.

Lass uns über Regen sprechen. In Kenia haben alle lange auf Regen gewartet. Hat es jetzt genug geregnet, damit alle Seedbolts anfangen zu wachsen?

Wir haben in einigen Bezirken im Westen Kenias Seedballs verteilt und es hat etwas geregnet, auch wenn die Niederschläge unter dem Durchschnitt lagen. Berichten zufolge könnte es Mitte November mehr regnen, aber das wird immer noch nicht ausreichen.

Es gibt Teile des Landes, die von Dürre betroffen sind. Mancherorts hat es seit 2,5 Jahren keinen einzigen Tropfen mehr geregnet!

Die gute Nachricht ist, dass die Saatkugeln ohne Regen 5-10 Jahre lang ruhen können. Sobald der Regen kommt, löst sich der Ball auf und der Samen im Inneren beginnt zu keimen.

Und das ist noch nicht alles. Einige großartige Menschen haben die Initiative ergriffen, die Saatkugeln selbst zu gießen. Wir hoffen, dass die Saatkugeln mit ihrer Hilfe und dem kommenden Regen bald zu gesunden Pflanzen heranwachsen werden.

Richten wir den Blick für einen Moment auf ganz Kenia. Glaubst du, dass es möglich ist, die Abholzung rückgängig zu machen, indem man diese zusätzlichen Bäume pflanzt?

Ja, ich glaube schon. Kürzlich bekam Kenia einen neuen Präsidenten, Seine Exzellenz Dr. William Ruto, der die von unserer letzten Regierung gegebene Zusage bekräftigte – 30% Waldfläche bis 2030. Das würde bedeuten, dass in den nächsten sieben Jahren zusätzlich 5 Milliarden Bäume gepflanzt werden müssten. Die Zahl ist zwar hoch, aber unsere Regierung hat erkannt, dass es teurer ist, die Schäden durch Überschwemmungen und Dürren zu beheben, als mit der Reparatur zu beginnen.

Aber es geht nicht nur darum, neue Bäume zu pflanzen. Genauso wichtig ist es, die bereits gepflanzten Bäume zu schützen. Eine weitere großartige Initiative ist die Einstellung von mehr Rangern für den Waldschutz.

Kenia ist in Ostafrika führend im Naturschutz und wird von der Regierung bei der Wiederherstellung hervorragend unterstützt. 

Darüber hinaus macht die Technologie rasante Fortschritte. Diese Woche habe ich zum Beispiel ein Meeting, bei dem es um Fernerkundung geht – eine Methode, mit der man Objekte aus der Ferne betrachten kann. Wir werden mehrere Seedbolts-Standorte testen, um herauszufinden, ob die Satellitentechnologie in fünf Jahren so weit fortgeschritten und offen ist, dass alle Menschen die ausgewachsenen Bäume und das wiederhergestellte Grasland sehen können.

Was würdest du Menschen und Unternehmen raten, die nachhaltiger leben und den Planeten weniger belasten möchten?

In den Büchern “Die Rückkehr zum menschlichen Maß” von E. F. Schumacher und “Der große Weg hat kein Tor” von Masanobu Fukuoka werden viele großartige Konzepte vorgestellt. Einige der Dinge, die sie erwähnen, lassen sich im Alltag ganz einfach umsetzen und können doch eine große Wirkung haben. Benötigen wir wirklich 50 Einweg-Plastikflaschen für ein 50-minütiges Meeting? Ich bezweifle, dass jemand innerhalb einer Stunde so dehydriert ist. Kleine Veränderungen wie diese können dazu führen, dass man über Möglichkeiten nachdenkt, weniger zu verbrauchen.

Natürlich gibt es auch die andere Seite der Medaille: nämlich dann, wenn es dem Einzelnen unmöglich erscheint, große Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen. Wie können wir sie dazu bringen, mit der Umweltverschmutzung aufzuhören? Große Unternehmen weisen die Verantwortung oft von sich, indem sie sagen: “Ihr kauft ja auch Dinge, die aus Kupfer hergestellt werden, also muss ich eine riesige Kupfermine betreiben. Das ist deine Schuld.” Diese Logik ist falsch, wenn man bedenkt, dass diese Unternehmen jedes Jahr Milliarden von Dollar an subventionierten Gewinnen machen können. Es geht darum, mit seinem Geldbeutel zu entscheiden und darauf zu achten, wofür man sein Geld ausgibt.

Ich wünschte, ich hätte eine bessere Antwort auf die Probleme der Welt als “weniger einkaufen”, aber ich schätze, ich bin sowieso kein großer Fan vom Einkaufen. *lacht*

Und zum Abschluss dieses Interviews noch eine besonders schöne Frage. Was ist dein Traum, Teddy?

Ganz ehrlich – ich lebe meinen Traum. Das tue ich wirklich. Manchmal schleichen sich Gedanken ein wie “was wäre, wenn du dies oder das hättest”, aber dann erinnere ich mich daran, dass es im Leben wichtig ist, mit dem zufrieden zu sein, was man hat. Es ist nicht selbstverständlich, von so einem Leben zu träumen, aber es ist wahr.

Mein Leben ist eine fantastische Reise. All die tollen Menschen zu treffen und zu sehen, wie der Respekt für die Umwelt wächst, ist das Beste, was ich mir für mein Leben wünschen kann.

Okay, jetzt die LETZTE Frage. Wenn jemand dies liest und Seedballs in seinem Land einführen möchte, was sollte er tun?

Wenn du in deinem Land Seedballs einführen möchtest, machst du am besten einen Spaziergang in der Natur und lernst etwas über die Pflanzen, Vögel und Tiere. Beginne damit, dich über die verschiedenen Pflanzen zu informieren, die dort wachsen, wo du wohnst, und achte darauf, welche Pflanzen gedeihen und welche nicht und warum. Sobald du dieses Wissen hast,kannst du mir eine E-Mail schicken und ich berate dich gerne weiter.

Danke für deine Zeit, Teddy. Mit dir zu sprechen, stimmt uns immer glücklich und optimistisch.

Bau(m) auf uns!

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